Vier neue Stolpersteine gegen das Vergessen
16.199 Stolpersteine findet man in Nordrhein-Westfalen. Jede Messingplakette erinnert an einen Menschen, den das nationalsozialistische Regime verfolgt, deportiert oder ermordet hat.
Demnächst könnten vier dazu kommen, dank der Beharrlichkeit zweier Sankt Augustiner*innen.
Über die Sozialen Netzwerke nahmen Kim-Joëlle Kaschub und Kai Baum Kontakt zur Fraktion der GRÜNEN auf und stellten die Frage: „Wieso findet man in Sankt Augustin keine Stolpersteine?“.
Eine gute und wichtige Frage fand die GRÜNE Fraktion und begann nachzuhaken. Der Kontakt zum Stadtarchiv konnte vermittelt werden und nebenbei zogen Frau Kaschub und Herr Baum auch auf eigene Faust Informationen aus dem Kreisarchiv in Siegburg hinzu.
Bisher ging es bei der Stolpersteinverlegung schwerpunktmäßig um ermordete Juden und Jüdinnen, doch kamen mit der Zeit weitere Opfergruppen hinzu. Diese Entwicklung sowie die Erschließung von Wiedergutmachungsakten seit 2022 im Archiv des Rhein-Sieg-Kreises schufen neue Möglichkeiten für Sankt Augustin. Die Wiedergutmachungsakten sind die zentrale Quelle für das Schicksal der Verfolgten und Ermordeten. Diese entstanden im Rahmen der Wiedergutmachungsverfahren der Nachkriegszeit. Durch die Erkenntnisse der Akten konnte das Stadtarchiv die Ausgangslage neu bewerten.
Im Auftrag des Stadtarchivs Sankt Augustin hat der Historiker Mike Bargel die 36 Akten mit Bezug zum heutigen Sankt Augustin durchgearbeitet. Letztlich kommt er zu der Einschätzung, dass vier Personen mit einem Stolperstein gedacht werden könnte: Es handelt sich dabei um eine Jüdin aus Menden und ihren Ehemann, die 1944 interniert wurden, die NS-Zeit aber überlebt haben. Um einen Fahnenflüchtigen, der sich 1944 bei Verwandten in Niederpleis versteckt hielt, bevor er dort aufgespürt und erschossen wurde, sowie um eine Mendenerin, die als „Asoziale“ zwischen 1943 und 1945 mehrfach in Konzentrationslagern inhaftiert war und gegen Kriegsende verschollen blieb.
Im Kultur-, Sport- und Freizeitausschuss des Sankt Augustiner Stadtrates wurde der Prüfung der Verlegung von Stolpersteinen am 09.03.2023 einstimmig zugestimmt.
Seit 1992 verlegen der Künstler Gunter Demnig und sein Team Messingplaketten, die an die Opfer der NS-Zeit erinnern. Diese 10 x 10 cm großen „Stolpersteine“ für je eine verfolgte oder ermordete Person werden im Regelfall vor dem letzten selbstgewählten Wohnort in den Bürgersteig eingelassen. „Mit diesem Projekt wird aller verfolgten oder ermordeten Opfer des Nationalsozialismus gedacht: Juden; Sinti und Roma; politisch Verfolgten; religiös Verfolgten; Zeugen Jehovas; Menschen mit geistiger und / oder körperlicher Behinderung; Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Hautfarbe verfolgt wurden; als „asozial“ stigmatisierte und verfolgte Menschen, wie Obdachlose oder Prostituierte; Zwangsarbeiter und Deserteure; – letztlich aller Menschen, die unter diesem Regime leiden mussten.“ (www.stolpersteine.eu)