Die ersten Stolpersteine für Sankt Augustin
Am 6. November 2024 wurden die ersten Stolpersteine in Sankt Augustin verlegt, ein historisches Ereignis, das maßgeblich durch das Engagement zweier Bürger*innen, Kim-Joëlle Kaschub und Kai Baum, ermöglicht wurde. Die beiden traten über soziale Netzwerke an die GRÜNE Fraktion heran und stellten die Frage: „Warum gibt es in Sankt Augustin keine Stolpersteine?“ Diese Frage gab einen wichtigen Anstoß zum Gedenken an das Leid und die Schicksale, die das nationalsozialistische Regime über die Menschen brachte.
Die GRÜNE Fraktion erkannte die Bedeutung der Anfrage und stellte den Kontakt zum Stadtarchiv her. Kim-Joëlle Kaschub und Kai Baum recherchierten parallel eigenständig weiter, unter anderem im Kreisarchiv Siegburg, und trugen so wertvolle Informationen bei, die zur Identifizierung potenzieller Stolperstein-Personen beitrugen. Die ersten Stolpersteine wurden nun für Karolina und Johann Kurscheidt sowie Elisabeth Nicolay verlegt und reihen sich in das europaweite Kunstprojekt des Künstlers Gunter Demnig ein, das seit 1996 über 100.000 Messingtafeln umfasst, um das Andenken an die Opfer der NS-Zeit zu bewahren.
Karolina Kurscheidt wurde 1898 in Geislar geboren und war als Jüdin die einzige „Volljüdin“ im damaligen Amt Menden, die die NS-Zeit überlebte. Mit ihrem katholischen Ehemann Johann Kurscheidt, den sie 1928 geheiratet hatte, lebte sie in einer „privilegierten Mischehe“, was ihr das Leben rettete. Dennoch wurden beide im September 1944 zwangsweise zur Arbeit interniert.
Elisabeth Nicolay, geboren 1919 in Menden, erlebte als vermeintlich „Asoziale“ eine grausame Leidenszeit in verschiedenen Gefängnissen, Arbeitslagern und Konzentrationslagern, bis sich ihre Spur 1945 in einem Außenlager bei Pirna verlor.
Die Gedenkveranstaltung anlässlich der Verlegung begann vor dem Haus Von-Galen-Str. 3, dem letzten Wohnort von Karolina und Johann Kurscheidt. Anschließend führte die Veranstaltung an den Wohnort von Elisabeth Nicolay, die Siegstraße 79. Die Teilnehmenden, darunter Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf, Vertreter*innen der Politik, Gunter Demnig selbst sowie Schülerinnen der Fritz-Bauer-Gesamtschule Sankt Augustin, gedachten mit persönlichen Worten und Beiträgen der Verstorbenen.
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Diese Worte aus dem Talmud inspirierten Gunter Demnig zu seinem einzigartigen Kunstprojekt. Mit den Stolpersteinen werden Menschen, die in der nationalsozialistischen Zeit entrechtet, verfolgt und ermordet wurden, symbolisch in ihre Nachbarschaft zurückgebracht. Die Messingplatten, die vor den letzten Wohnorten der Opfer in die Gehwege eingelassen werden, erinnern Passant*innen an das Leben und das Leid der NS-Opfer und das jetzt auch in Sankt Augustin.